Freie Fahrt für das Narrenschiff – Pressetext Fränkischer Anzeiger

Quelle: http://www.fraenkischer-anzeiger.de

Frankemer Stupfl zeigen sich bei Prunksitzung in komödiantischer Hochform

SCHILLINGSFÜRST – Einen Traumstart in die Narrensaison legten am vergangenen Samstag die Frankemer Stupfl hin. In gewohnter Manier geizten sie nicht mit Spott und ließen niemanden vom Haken, der sich ihnen durch eigenes Verschulden oder die Widrigkeiten des Lebens geradezu aufdrängten. Besondere Aufmerksamkeit genossen bei der Prunksitzung die Neulinge an der Spitze der Stadt und des Fünferrats.

Das wäre die Sensation gewesen. Nach der ersten Bürgermeisterin im Altlandkreis nun auch noch die erste Sitzungspräsidentin der Frankemer Stupfl. Doch Gardemädchen und „Stupflgöre“ Maja Löschel konnte sich nur wenige Minuten als neue Kapitänin des Narrenschiffs wähnen. Letztlich ging das vermeintlich verwaiste Präsidentenjackett von Friedrich Wieth dann doch an Werner Rauch.

Die fünf Stupfl-Originale schlachten genüsslich die kleinen und großen Peinlichkeiten aus.

Der 1963 geborene Techniker für Landwirtschaft gehört seit 2006 der Ratsmannschaft an. Bei seiner ersten Sitzung in leitender Funktion machte er eine gute Figur. Mit dem Stupfl-Abteilungsleiter wurde ein würdiger Nachfolger gefunden. In bester Tradition samstäglicher Abendunterhaltung war der angesetzte Zeitrahmen dann auch nur ein grober Richtwert. Denn was „Wetten Dass…?“ konnte, können die Frankemer schon lange. Und zwar eindeutig besser: Fünf Stunden voller beißenden Spotts, Politikerschelte, beschwingter Tanzvorstellungen und herrlich skurriler (weil wahrer) Anekdoten des täglichen Lebens ließen keine Zeit für Langeweile.

Und wirklich niemand in der ausverkauften Albert-Zietz-Halle käme auch nur im Traum auf die Idee ein Ende dieser Traditionsveranstaltung zu fordern. Erst recht nicht wenn man sieht, welch engagierter und talentierter Stupfl-Nachwuchs zu Beginn der Sitzung als erfolgreiche „Einheizer“ für Stimmung beim Publikum sorgte.

So zeigten die beiden „Stupflgören“ Selina Hofmann und Maja Löschel einfallsreich zugespitzt aus ihrer jugendlichen Warte heraus, dass das Leben bedeutend Schlimmeres zu bieten haben kann, als eine schlechte Schulnote. Nicht mit spitzen Hut und Zauberstab, sondern in Cowboy-Hemden und mit einer unterhaltsamen Choreographie (dank der Trainerinnen Heike Dinzl und Petra Kamm) verzauberten die jüngsten Mitwirkenden („Stupfl-Schrabbe“) zur Musik von Hexe Bibi Blocksberg.

Frauen an die Macht: Maja Löschel (Mitte) muss aber noch auf die Präsidentschaft warten.

Die unterschiedlichen Tanzeinlagen sind allesamt weit mehr als gefälliges Zierwerk zu den komödiantisch-spöttischen Büttenreden. Die Showtanzgruppe „Stupfl-Moudeli“, die beiden Garden, das Männerballett und die „Stupfl-Mäschli“ waren ebenfalls in Hochform und legten unterhaltsame und abwechslungsreiche Vorstellungen aufs Tanzparkett. Wer wüsste über die Vorgänge in Schillingsfürst besser Bescheid als die Bukolika (Regina Meder)? Freimütig und mit einem für eine Plastik sehr trockenem Humor weiht sie eine Touristin (Regina Rothenberger) in das pralle Leben in der Stadt des „Kettenhunds“ im Rathaus ein. Martin Rohn hingegen nahm sich musikalisch einer Maschine an, die in Schillingsfürsts Lieblingsnachbarstadt kein leichtes Leben hat und nicht nur im übertragenen Sinne auch schon mal mit Füßen getreten wird.

Natürlich durfte auch Hausmeister Christoph Maul nicht fehlen. Niemand – weder lokal, national oder international – war vor seinem scharfsinnigen Rundumschlag sicher. So traf es den inhaftierten Topmananger genauso wie die Mutter der Nation, den bayerischen Landesvater und den bei Bahnfahrern womöglich unbeliebtesten Dresdner. Er legte seinen Finger auch in gesellschaftliche Wunden und schlug kritische Töne an, ganz ohne Scherzerei: „Das ist zwar jetzt nicht witzig, aber es muss gesagt werden.“

Scharf schossen auch die Stupfl-Originale. Sie entlarften staatliche Geldmacherei auf Kosten von „Vollpfosten“, deckten heimliche Liebschaften auf und gaben dilettantische Diebe aus der Nachbargemeinde dem allgemeinen Spott preis. Selbstverständlich ließen Schausteller, Bettler, Känzenweib, Stupfler und Holzgehner Rothenburg dabei nicht links liegen. Am liebsten kehrten sie dabei aber vor ihrer eigenen Haustür.

   Ehrung für die Stadtspitze: Präsident Rauch überreicht Herbert Seidel und Michael Trzybinski (v.l.) die Orden.

Neubürgermeister Michael Trzybinski lieferte in seinen ersten Amtsmonaten nicht nur mit seiner tiefen Verbundenheit zur „Bruscht“ viel Stoff für die Stupfler. Markus Löschel und Ralf Albig bewiesen, dass eine Stupfl-Bauchrednerpuppe mit den medial bekannten Konkurrenten Echse, Nilpferd und Schildkröte absolut mithalten kann. Und für Sven Neußer und Thomas Meder liegt das eigentlich Komische im Frankemer Alltag, den sie von ihrem Logenplatz in der heimischen Metzgerei aus kommentieren. Neun weitere Faschingskreuzfahrten bietet das Schillings­fürs­ter Narrenschiff bis einschließlich Rosenmontag an. mes

Neue Stupfl-Ordensträger

Als Willkommensgeschenk bekamen Bürgermeister Michael Trzybinski und sein Stellvertreter Herbert Seidel die Auszeichnung. Auch zwei Landbürgermeister gingen nicht leer aus: Der Wettringer Karl Augustin kam mit seinem kompletten Parlament und Jürgen Geier aus Dombühl wurde als Amts- und Sitzungsneuling die Ehre des Ordensträgers zuteil. Die Tradition wird bei den Stupflern hochgehalten und so kam man nicht umhin erneut auch Dr. Peter Bauer auszuzeichnen, der sich dafür in Reimform bedankte. Für den neuen Vorsitzenden des TSV Schillingsfürst, Torsten Hagel, ist es allerdings der erste Orden der Faschingsgesellschaft. Die Frankemer sind aber auch ganz nah an den einfachen Leuten: Für ihre unkonventionellen Backkünste bekam eine Hallenbedienung einen Orden verliehen, sowie die spendable Wurstfachfrau Sonja Trumpp.

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