FLZ-Bericht zur 1. Sitzung 2018 – „Eine Närrische Welt“

„Stupfl Hurra“ schallt es kräftig aus dem Märchenwald

SCHILLINGSFÜRST – Da wären selbst die Gebrüder Grimm ins Staunen geraten, wenn der Frankemer Stupfl seine eigenen Geschichten zum Besten gibt und in diesem Jahr im Märchenwald aufschlägt.

Die Schillingsfürster Originale statteten der Rothenburger Märchenstadt einen Besuch ab und fanden sie im Dornröschenschlaf. Fotos: Schäfer

Die närrische Zeit läuft in der Faschingshochburg Schillingsfürst zur Hochform auf. Ein illustres Völkchen von Märchenwesen trieb’s bunt in seinen themenbezogenen Kostümen und nahm das Publikum mit auf eine Reise in eine aufwändig inszenierte wunderbare Welt. Die Premiere am Samstagabend in der ausverkauften Albert-Zietz-Halle machte den Auftakt zu den insgesamt elf großen Prunksitzungen. Ein unterhaltsames Kapitel folgte dabei dem nächsten und fügte sich zu einem abendfüllenden Gesamtkunstwerk, das an Exklusivität, Aus­druckskraft und Kre­a­tivität seinesgleichen sucht.

Wie in jedem Märchen gab es auch in den fantasiereichen Stupfl-Geschichten einen Funken Wahrheit und eine Botschaft, die mit auf den Weg gegeben wurde. Stupfl-Präsident Werner Rauch führte mit Leichtigkeit und heiterer Gelassenheit durchs Programm, dem er seine eigene Note beimengte. So nahm er Ehrengast Jürgen Geier, den Bürgermeister von Dombühl – aus Crailsheim – ins Gebet mit der Fabel des römischen Dichters Phaedrus. Sie mündet in der verdeckten Lehre, sich nicht mit fremden Federn zu schmücken.

Die „Stupflschrappe“ fegten als fetzige Hexlein über die Bühne. Engel und Teufel schwangen in trauter Eintracht Arm in Arm das Tanzbein. Die neu entstandene Tanzgruppe „Gwanden Schratzi“ übte sich in der Kunst der Verführung. Den Zauber aus 1000 und eine Nacht präsentierte das Männerballett mit seinem Schautanz als Haremsdamen bei orientalischer Musik. Im Repertoire durfte natürlich der klassische Gardetanz nicht fehlen. Martin Rohn als tapferes Schneiderlein mit Gitarre erledigte „7 auf einen Streich“ und meinte damit die „Mucke“-Plage, der er einen Ohrwurm kreierte. „Atemlos durch die Nacht, wird den Viechern das Garaus gemacht“, sang er als herrlich skurrile Coverversion des Hits von Helene Fischer. 

Frau Holle (Maja Löschel) und ihre Goldmarie (Natalie Siller)

Frau Holle (Maja Löschel) und Goldmarie (Natalie Siller) meisterten die Herausforderung, „bei 12 Grad plus einen richtig gescheiten Schnee zusammenzubringen“. Die klamme Stadt Schillingsfürst kann sich nämlich keine Schneekanone für ihren Fürstlichen Weihnachtsmarkt leisten. Die beiden Sagengestalten sahen ihre Mission auch darin, erstklassige Bildung für Jeden anzubieten mit gescheiten Fragen: Wer war der erste Mensch im Weltall? Und: Wie heißen die drei Eisheiligen? Langnese, Schöller und Mövenpick sind es jedenfalls nicht.

Ja und zwei Majestäten gaben sich in der Schlossstadt ein Stelldichein. Sie prosteten sich reichlich zu. Die Weinkönigin zu Tauberzell (Regina Rothenberger) und die Bierkönigin zu Reichelshofen (Regina Hahn) plauderten aus dem Nähkästchen. Über die Trinkfestigkeit und bekannte gestandene „Frankemer“ Mannsbilder, die unangenehme Folgen nach ihrem Alkoholkonsum erlebten.

Sven Neußer und Thomas Meder spielten als Lausbuben Max und Moritz ihre Streiche. Lachend erzählten sie von zwei freilaufenden Eseln in Rothenburg, die mediale Aufmerksamkeit erhielten. Auch bei den unangenehmen Nebenwirkungen der Stallpflicht für die Hühner in Hürbel scheinen die beiden „Bengel“ ihre Finger mit im Spiel gehabt zu haben, denn sie verrieten Interna.

Bekannt durch regelmäßige Gastauftritte in der Albert-Zietz-Halle ist Mathias Neigenfind aus Ansbach, der diesmal mit einem modernen Werbemärchen aufwartete. Die besten Slogans bekannter Markenhersteller verarbeitete er zu einer einfallsreich poetischen Geschichte. Sein „Schneekoppe-Wittchen“ wurde von 7 Zwergen aus dem Schlaf gerissen und rief verwundert: „Alles Müller oder was“. Nein. „Alles Fruchtzwerge“.

Max und Moritz (Thomas Meder und Sven Neußer) hecken neue Streiche aus.

Die fünf Schillingsfürster Originale spöttelten unter anderem über die Rothenburger Märchenstadt: „Die Spitteltober befinden sich seit dem letzten Jahrtausend schon im Dornrös­chenschlaf“ – beseelt vom Zauber geheimer Mächte und einem verwunschenen Schloss (Altes Brauhaus). Die Stupfler griffen Begebenheiten in ihren Kurzgeschichten auf mit einer gehörigen Portion Lokalkolorit. Bürgermeister Kurt Förster wurde als „Spürnase“ bei der Stadt herausgestellt und „der ewige Tilly vom Stadt­rat“ (Hermann Schönborn) als größter Gegner der Mehrzweckhalle. „Entweder hat er ein Problem mit Zahlen oder er hat gemeint, er kann den Alten beim Seniorennachmittag irgendetwas weiß machen“, hieß es.

Lehrreich auch der Blick hinter die Kulissen des neuen Rothenburger Hochschul-Campus. Ein etwas zerstreuter Professor (Markus Löschel) und sein Dozent (Ralf Albig) sorgten für eine märchenhafte Erfolgsstory. Sie lüfteten das Geheimnis ihrer „weltbewegenden, revolutionären Erfindung“: eine Sitzheizung für das Fahrrad. Noch phänomenaler aber ihr Wunderwerk der Technik, mit dem man wunderbare Dinge hervorzaubern kann. Lügner wurden enttarnt und Menschen durchleuchtet. Die beiden Forscher führten ihre Tests und Versuche an zahlreichen „Probanden“ durch. Alle waren von durchschlagendem Erfolg gezeichnet. Tennisarm, Nierensteine, Darmgase, Blasenschwäche und Schnarchprobleme wurden fachmännisch analysiert.

Auf Knopfdruck konnte der tutende und blinkende Apparat auch feststellen, aus welcher Region die „Versuchskaninchen“ kamen und in einer passenden Liedform wiedergeben. Gaudi fürs Publikum. Auch das Problem mit dem Kondenswasser auf der Glasscheibe des neuen Stadtbaudirektor-Knappe-Brunnens im Kreb­s­gäss­chen ist gelöst: mit einem Schichtdienst rund um die Uhr.

Zu vorgerückter Stunde leistete „Hausmeister“ Christoph Maul noch saubere Arbeit mit dem Besen. Er beschränkte sich diesmal auf das Nö­tigs­te beim Reinemachen als Metapher für vieles: „100 Tage keine Regierung – Scheiße, was in der Welt los ist.“ SPD-Chef Martin Schulz „traut er alles zu“. Außerdem stichelte er gegen CSU-Kronprinz Markus Söder, der in den eigenen Reihen „zündelt“ im Kampf um die Macht. sis

Fotonachweis: F-A Frau Schäfer
Quellennachweis: http://www.fraenkischer-anzeiger.de/archive/16770

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